Die Burg Angern war eine wasserumwehrte Niederungsburg in der Altmark, bestehend aus einer Hauptinsel mit Wohn- und Wehrbauten, einer vorgelagerten Turminsel mit Bergfried und einer festländischen Vorburg mit Wirtschaftsgebäuden. Ihre strategische Lage unweit der Elbe verlieh ihr sowohl militärische Bedeutung als auch wirtschaftliche Funktion innerhalb des erzbischöflichen Machtbereichs Magdeburgs.
Die sogenannte Turminsel der Burg Angern bildet eine wesentliche Komponente der hochmittelalterlichen Gesamtanlage. Ursprünglich könnte ihre Fläche etwa 20 × 20 Meter betragen haben, angepasst an die Funktion als kompakte Verteidigungs- und Versorgungseinheit. Erst im Zuge der Errichtung des barocken Wasserschlosses um 1745 könnte die Fläche auf etwa 35 × 35 Meter erweitert worden sein, indem der Wassergraben und die Inselkanten verbreitert oder aufgefüllt wurden. Ihre klare Abgrenzung durch den umlaufenden Wassergraben, der die Insel vollständig vom Palas trennte, verweist schon in der hochmittelalterlichen Phase auf eine eigenständige, bewusst abgeschirmte Funktion innerhalb des Burgsystems. Die Turminsel diente nicht allein als letzter Rückzugsort im Belagerungsfall, sondern war offenbar von Beginn an als autark nutzbare Verteidigungs- und Versorgungszone konzipiert.
Im Nordosten der zweiten Insel erhob sich ein massiver, quadratischer Turm mit einer Grundfläche von 10 mal 10 Metern. Seine sieben Geschosse machten ihn zum dominanten Element der früheren Wehranlage. Die Höhenrekonstruktion des Bergfrieds der Burg Angern lässt sich auf Grundlage der bekannten Grundfläche von 10 × 10 Metern und der Überlieferung von sieben Stockwerken annähernd bestimmen. Typische hochmittelalterliche Bergfriede wiesen lichte Raumhöhen von etwa 3,0 bis 3,5 Metern auf, ergänzt um Decken- und Mauerstärken von circa 0,5 bis 0,7 Metern pro Geschoss. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Geschosshöhe von etwa 3,5 bis 4,0 Metern. Multipliziert mit sieben Etagen ergibt sich eine Turmhöhe von etwa 24,5 bis 28 Metern, zuzüglich der Höhenanteile für eine Wehrplatte, Brustwehr oder eventuelles Zeltdach. Somit dürfte der Bergfried von Angern eine Gesamthöhe von etwa 26 bis 30 Metern erreicht haben, vergleichbar mit anderen regionalen Anlagen wie dem Bergfried von Tangermünde oder Lenzen. Diese Rekonstruktion verdeutlicht die imposante Dominanz des Turmes innerhalb der Burganlage und seine zentrale Rolle im Verteidigungssystem.
KI generierte Ansicht des Bergfrieds der Burg Angern ca. um 1600
Entwicklung und Erhaltung der Hauptburg Angern (1648–1738) – Chronologisch kommentiert und ergänzt um die archäologischen Befunde. Die Burg Angern erlebte eine wechselvolle Geschichte, geprägt von kriegerischer Zerstörung, wirtschaftlichem Niedergang und pragmatischen Wiederaufbauversuchen. Nach schweren Schäden im Dreißigjährigen Krieg wurde die Hauptburg im 17. Jahrhundert nur notdürftig wieder instand gesetzt. Auf den alten Fundamenten entstand ein schlichtes neues Wohnhaus, das den ruinösen Turm integrierte. Im frühen 18. Jahrhundert, im Zuge des barocken Neubaus eines Herrenhauses, standen die verbliebenen Baureste der mittelalterlichen Hauptburg erneut im Fokus. Die nachfolgende Darstellung zeigt chronologisch die wichtigsten Befunde, Entscheidungen und den Umgang mit der historischen Substanz, ergänzt durch aktuelle bauarchäologische Erkenntnisse.
Die Südinsel der Burg Angern bildet einen eigenständigen, verteidigungsorientierten Baubereich innerhalb der mittelalterlichen Wasserburganlage. Zentraler Bestandteil ist das vollständig erhaltene Erdgeschoss des Wehrturms (Bergfried) mit zugehörigen Wirtschafts- und Lagerräumen in Form zweier Tonnengewölbe sowie einem separaten Brunnen. Die erhaltenen Befunde zeigen, dass die Südinsel im Hochmittelalter nicht lediglich einen Einzelbau trug, sondern als autarke Verteidigungs- und Versorgungseinheit konzipiert war.
Die Burg Angern befand sich in der nordöstlichen Altmark, etwa 5 Kilometer westlich der Elbe, in einer feuchten Niederungslandschaft, die durch zahlreiche Altarme, sumpfige Wiesen und temporäre Überflutungsflächen geprägt war. Die Wahl dieses Standorts war sowohl durch defensive als auch durch infrastrukturelle Überlegungen motiviert. Die Anlage nutzte die natürlichen Gegebenheiten der Landschaft, um durch Wassergräben, Inselbildung und kontrollierte Wegeführung ein hohes Maß an Wehrhaftigkeit zu erzielen. Zugleich ermöglichte die Lage zwischen Magdeburg, Tangermünde, Rogätz und Wolmirstedt die Einbindung in überregionale Verkehrs- und Kommunikationsnetze.
Funktion, Bauweise und Erhaltungszustand. Das sogenannte Pforthäuschen der Burg Angern nimmt in der architektonischen Struktur und historischen Überlieferung der Anlage eine besondere Stellung ein. Als Übergang zwischen der festlandseitigen Vorburg und der wasserumwehrten Hauptburginsel war es nicht nur ein architektonisches Bindeglied, sondern auch ein funktionales Kontrollzentrum und ein Symbol der herrschaftlichen Ordnung. Der Begriff "Pforthäuschen" bezeichnet in der mittelalterlichen Burgenkunde in der Regel einen kleineren Torbau, der nicht die Funktion eines Großtores mit Zwingeranlage, sondern eines seitlichen oder vorgelagerten Wach- und Kontrollpunkts übernimmt. In Angern war das Pforthäuschen am äußeren Ende der Zugbrücke auf der Hauptinsel angesiedelt. Es kontrollierte den Zugang zur Inselburg, die durch einen Wassergraben vom festländischen Vorbereich getrennt war.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Der Palas der Burg Angern aus der Mitte des 14. Jahrhunderts zeichnet sich durch eine klare funktionale Gliederung, eine massive Bruchsteinbauweise und die strategische Anbindung an den Bergfried über eine hochgelegene Brücke aus.