Der Sockelbereich der Hauptburg befindet sich unmittelbar oberhalb des ehemaligen Wassergrabens und bildet die unterste erhaltene Baustruktur der Burg Angern. Er ist an der Grabenseite klar identifizierbar und zeigt sich heute größtenteils freigelegt bzw. sichtbar im Übergang zum aufgehenden Mauerwerk des Palas. Besonders deutlich ist er an der östlichen und westlichen Grabenfront erkennbar, wo er die Basis der großflächig erhaltenen Ringmauer bildet.
Westseite der Hauptburg mit Sockelbereich
Bauweise und Material
Die Mauerung des Sockelbereichs besteht aus großformatigen, unregelmäßig gerundeten Feldsteinen und Flusskieseln, die in Schütttechnik ohne erkennbare Systematisierung oder Bearbeitung versetzt wurden. Die Steine sind lediglich lagerhaft eingelegt, ohne Bearbeitungsspuren oder Auskeilungen. In situ erkennbare Mörtelreste deuten auf einen kalkbasierten Bindemörtel mit hohem Sandanteil hin, der jedoch durch langanhaltende Feuchtigkeitseinwirkung deutlich verwaschen ist. Charakteristisch sind dabei typische Auslaugungsspuren und teilweise ausgewaschene Fugen.
Diese Bauweise entspricht der für hochmittelalterliche Wasserburgen im norddeutschen Raum belegten Fundamenttechnik in hydrologisch instabilen Lagen, wie sie für lehm- oder torfreiche Untergründe typisch war. In der Westansicht ist der Sockelbereich bautechnisch klar vom aufliegenden, späteren Ziegelmauerwerk abgesetzt, das in einem deutlich erkennbaren horizontalen Bruch ansetzt. Der Mauerwerkswechsel markiert nicht nur einen Material-, sondern auch einen konstruktiven und zeitlichen Unterschied zwischen mittelalterlicher Gründung und frühneuzeitlicher Überbauung.
Erhaltungszustand
Der Sockelbereich der westlichen Hauptburgmauer ist in weiten Abschnitten authentisch aus der Bauzeit um 1340 überliefert. Hinweise auf spätere Überformungen, Verstärkungen oder Teilrekonstruktionen fehlen. Das Mauerwerk zeigt typische Alterungsmerkmale, darunter leichte Setzungen, horizontale Verschiebungen in der oberen Lage sowie Auskolkungen durch Wassererosion. Diese Veränderungen sind als Folge jahrhundertelanger Feuchtebelastung, Frost-Tau-Zyklen und geringer Bodenbewegungen zu interpretieren. Dennoch ist die strukturelle Integrität der Sockelzone nicht beeinträchtigt. Besonders im westlichen Abschnitt sind Verwurzelungsschäden punktuell sichtbar, ohne dass es zu substanzbedrohenden Auflösungen oder Ausbrüchen gekommen wäre. Der bauliche Zustand erlaubt daher die Einordnung als substanzgesicherter Originalbestand, der hohe Bedeutung für bauhistorische und denkmalpflegerische Bewertungen besitzt.
Funktion
Der Sockel diente primär als tragende Fundamentzone für die aufgehende Ringmauer bzw. Palaswand und hatte gleichzeitig eine schutztechnische Funktion: Er stabilisierte den Mauerfuß gegen die hydraulische Belastung durch den Wassergraben, bewahrte ihn vor Frostschäden und Bodenabtragungen bei Hochwasser. Die besondere Massivität sowie die sorgfältige Setzung der untersten Lagen unterstreichen seine Bedeutung im statischen Gesamtgefüge. Als Teil der Grabenfront markierte er zugleich eine verteidigungstechnisch exponierte Zone, die erhöhten Anforderungen an Dauerhaftigkeit und Widerstandsfähigkeit genügen musste.
Bedeutung im baugeschichtlichen Kontext
Der Sockelbereich dokumentiert exemplarisch die konstruktiven Lösungen des hochmittelalterlichen Wasserburgenbaus im norddeutschen Raum, insbesondere bei Gründungen auf wassergesättigten, instabilen Böden. Die Verwendung großformatiger, unbehauener Feldsteine in massiver Lagerung entsprach der regionaltypischen Fundamenttechnik zur Sicherung der Gebäudestatik und zum Schutz vor hydrologischen Einwirkungen wie Auskolkung oder Frosthebung. Der Sockel der Burg Angern stellt eines der ältesten im Originalzustand erhaltenen Bauteile der Gesamtanlage dar und besitzt als authentisches Zeugnis mittelalterlicher Gründungs- und Schutztechnik bauarchäologisch herausragende Bedeutung.
Schlussbemerkung
Der Sockelbereich der Hauptburg von Angern ist von erheblicher baugeschichtlicher Relevanz. Als selten überliefertes Beispiel hochmittelalterlicher Fundamenttechnik in einem hydrologisch anspruchsvollen Grabenbereich dokumentiert er nicht nur die bautechnische Anpassungsfähigkeit an lokale Gegebenheiten, sondern auch die Dauerhaftigkeit der mittelalterlichen Bauausführung. Die weitgehend intakte Substanz des Sockels bildet damit einen besonders geeigneten Anknüpfungspunkt für zukünftige restauratorische und bauarchäologische Untersuchungen, vor allem im Hinblick auf die rekonstruktive Erforschung der Palasstruktur sowie der wehrbaulichen Organisation der Hauptburginsel.
Fenster zum nördlichen Tonnengewölbe Anfang des 20. Jahrhunderts mit nord-östlichem Teil der Ringmauer