Burg Angern
Die um 1341 gegründete Burg Angern bewahrt in seltener Geschlossenheit die originale Bau-, Erschließungs- und Verteidigungsstruktur einer hochmittelalterlichen Wasserburg und nimmt damit eine herausragende Stellung innerhalb der norddeutschen Burgenlandschaft ein.

Die West-, Süd- und Nordseite der Hauptburg Angern um 1350: Struktur und Funktion im Kontext mittelalterlicher Wasserburgenarchitektur. Die Hauptburg der Wasserburg Angern, erbaut um 1341, war Teil eines typischen Verteidigungssystems niederungsgeprägter Burgen im mitteldeutschen Raum. Der Aufbau der West-, Süd- und Nordseite spiegelte die unterschiedlichen funktionalen Anforderungen wider: passive Verteidigung, kontrollierter Zugang sowie interne Verbindung zum Bergfried. Die vorliegende Analyse stützt sich auf historische Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) sowie auf Vergleiche mit zeitgenössischen Burgen wie Kalbe (Milde) und Beetzendorf (vgl. Bergner 1911; Danneil 1847).

Westseite der Hauptburg – Befundanalyse und Einordnung

Die Westseite der Hauptburg von Angern war primär defensiv ausgelegt und bildete mit dem angrenzenden Wassergraben eine der zentralen Verteidigungslinien der Burg. Sie bestand aus unregelmäßig gesetztem, unbehauenem Feldsteinmauerwerk mit einer geschätzten Mauerstärke von etwa 1,2 bis 1,5 Metern – charakteristisch für hochmittelalterliche Ringmauern der Altmark. Ihre Lage zur offenen Vorburg hin machte diesen Abschnitt besonders angreifbar, weshalb ein erhöhter Verteidigungsbedarf bestand.

Möglicherweise war die Mauer mit Brustwehr oder vereinzelten Schießscharten versehen, und ein hölzerner Wehrgang auf der Innenseite ermöglichte die Bewegung von Verteidigern. Solche Konstruktionen sind für vergleichbare Burgen der Region, etwa Kalbe (Milde), archäologisch nachgewiesen (vgl. Bergner 1911, S. 126). Entlang der Innenseite könnten provisorische Holzbauten bestanden haben – einfache Unterstände oder Schuppen, die im Belagerungsfall rasch entfernt werden konnten. Dieses Prinzip entspricht den Anforderungen spätmittelalterlicher Wehrkonzepte, bei denen Wirtschaftsnutzung und Verteidigung räumlich verschränkt, aber funktional trennbar geplant wurden (vgl. Dehio 1990, S. 11).

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Heutige Ansicht der Westseite der Hauptburg

Aktueller Befund

Die heutige Ansicht der Westseite der Hauptburg dokumentiert eindrücklich den heutigen Zustand der westlichen Ringmauer. Im unteren Bereich ist das originale spätmittelalterliche Bruchsteinmauerwerk erhalten, während im oberen Bereich eine barocke oder frühneuzeitliche Backsteinaufmauerung erkennbar ist. Diese weist auf Umbauten im 18. oder 19. Jahrhundert hin, eventuell im Zusammenhang mit der Umnutzung zu Wirtschafts- oder Lagerräumen. Bemerkenswert sind die zugemauerten Öffnungen im oberen Mauerbereich, die als sekundäre Fenster- oder Türöffnungen interpretiert werden können. Sie belegen bauliche Umnutzungen und eine veränderte Raumnutzung der dahinterliegenden Gebäudeteile. Solche sekundären Anpassungen sind auch bei anderen Anlagen der Region wie Beetzendorf und Seehausen dokumentiert. Die zugemauerten Öffnungen gehören mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Phase der zivilen Nachnutzung der Burgstruktur. Sie dienten entweder der Belichtung von Lager- oder Diensträumen oder waren Teil eines späteren Aufbaugeschosses. Eine bauarchäologische Innenaufnahme könnte helfen, diese Hypothesen zu verifizieren – insbesondere durch Analyse von Putzresten, Holzauflagern oder sekundären Fußbodenniveaus.

Fazit

Die Westseite der Hauptburg von Angern zeigt in ihrer überlieferten Substanz ein hohes Maß an Authentizität hinsichtlich der spätmittelalterlichen Bausubstanz. Die konservierte Ringmauer verdeutlicht den funktionalen Wandel von einer rein wehrhaften Struktur zu einer wirtschaftlich genutzten Seitenflanke und bleibt ein zentrales Element für die Rekonstruktion der ursprünglichen Verteidigungsarchitektur der Anlage um 1350.

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KI generierte Ansicht eines typischen Anbaus an eine Ringmauer

Die Südseite der Hauptburg: Verteidigungsstruktur und Verbindung zur Turminsel

Die Südseite der Hauptburg diente als Schnittstelle zwischen der Hauptburg und der auf einer separaten Insel gelegenen Bergfriedanlage. Hier befand sich die fest installierte Zubrücke, die in das erste Obergeschoss des Bergfrieds führte. Ein möglicher Anschluss der Zubrücke zum Bergfried an den hölzernen Wehrgang der südlichen Ringmauer bzw. der rückseitigen Palaswand ist aus funktional-architektonischer Perspektive naheliegend und entspricht etablierten Mustern hochmittelalterlicher Wehrarchitektur. Da die Zubrücke auf direktem Weg in das erste Obergeschoss des Wehrturms führte, liegt die Annahme nahe, dass sie nicht vom Bodenniveau aus, sondern über eine erhöhte Gangverbindung betreten wurde. In vergleichbaren Anlagen wie der Neuenburg in Freyburg (Turm „Dicker Wilhelm“) oder der Burg Hanstein ist ein solcher Wehrganganschluss an hochgelegene Turmeingänge eindeutig dokumentiert (vgl. Busse 2002, S. 75). Auch Burg Ziesar zeigt archäologische Hinweise auf überdachte Verbindungen zwischen Ringmauer und Wehrturm auf Brüstungshöhe. In Angern würde ein solcher Anschluss sowohl die direkte Erreichbarkeit des Bergfrieds aus dem Palasbereich sichern als auch die defensive Rückzugslogik der Gesamtanlage stärken. Ein Nachweis entsprechender Auflager oder Konsolen am Palas oder an der südlichen Ringmauer steht jedoch noch aus. Aus diesem Grund sollte die Möglichkeit eines Wehrganganschlusses an die Zubrücke im Rahmen künftiger bauarchäologischer Untersuchungen gezielt überprüft werden.

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Reste der südlichen Ringmauer mit barocker Brücke

Burg angern mittelalter

Lageplan der Hauptburg mit Palas, Wehrgängen mit Zubrücke zum Wehrturm

Die Nordseite der Hauptburg: Torzone, Pforthaus und Zugangskonzept

Die (Nord-)Westliche Seite der Hauptburg von Angern stellte möglicherweise das zentrale Zugangselement zur mittelalterlichen Burganlage dar und verband die befestigte Hauptinsel mit der vorgelagerten Vorburg über eine hölzerne Zugbrücke. Diese Brücke überspannte den breiten, wasserführenden Graben, der die Hauptburg vollständig umgab, und war als bewegliche Konstruktion konzipiert, die im Verteidigungsfall hochgezogen werden konnte. Der Brückenkopf mündete direkt in ein einfaches, in die Ringmauer eingelassenes Rundbogentor, das aus massivem Feldsteinmauerwerk bestand. Die Mechanik für die Hebelvorrichtung der Zugbrücke war vermutlich innerhalb eines kleinen Mauerkastens oder eines oberhalb angebrachten Wehrgeschosses integriert – eine Technik, wie sie auch in Kalbe (Milde) oder in Teilen der Burg Ziesar nachgewiesen ist.

Die Toröffnung in der Ringmauer der Hauptburg selbst wurde durch schwere hölzerne Flügeltore mit eisernen Beschlägen und innerem Querriegel gesichert – eine für die Altmark typische Torsicherung, wie sie in Burganlagen wie Beetzendorf, Seehausen oder Tangermünde archäologisch nachgewiesen ist. Zusätzlich konnten in den angrenzenden Mauerbereichen Schießscharten oder Spähöffnungen integriert sein, um das nähere Umfeld der Brücke überblicken zu können. Reste solcher Scharten könnten sich in den unteren Mauerzonen oder innerhalb des Pforthauses befunden haben, sind jedoch bislang nicht eindeutig erhalten.

Das zugehörige Pforthaus befand sich auf der Seite der Vorburg, also am (nord-)westlichen Brückenkopf. Es handelte sich vermutlich um einen kleinen Feldsteinbau mit einfachem Aufsatz in Fachwerk, der dem Wachpersonal als Kontrollstelle diente. Dort konnten Ankommende überprüft und die Brücke bei Bedarf gesperrt oder geöffnet werden. Diese Position außerhalb der eigentlichen Hauptburg betonte die Funktion des Pforthauses als vorgelagerte Kontrollinstanz – ein Prinzip, das sich auch bei den Burganlagen in Beetzendorf und Seehausen nachweisen lässt.

Auf der Innenseite der Nordmauer könnten sich hölzerne Wehrplattformen oder Galerien befunden haben, die den Verteidigern den Zugang zu höher gelegenen Abschnitten der Ringmauer ermöglichten. Solche Aufbauten wurden häufig in modularer Bauweise errichtet und konnten im Bedarfsfall ergänzt oder rückgebaut werden. In vielen Fällen war die Nordseite auch funktional mit Lagerräumen oder Zugängen zu den Wirtschaftsbauten verbunden, was auch in Angern denkbar ist, da die Nordseite direkt in den Innenhof der Hauptburg führte.

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KI generierte Ansicht eines Anbaus an die Ringmauer

Die Mauer selbst bestand im unteren Bereich aus großformatigen, unbehauenen Feldsteinen mit deutlich sichtbarem Kalkmörtel. Diese Sockelzone war statisch besonders stark ausgeführt, um der dauerhaften Beanspruchung durch das angrenzende Grabenwasser standzuhalten. Die obere Mauerzone könnte spätere Überformungen aufweisen, insbesondere infolge der barocken Umbauten im 18. Jahrhundert, bei denen Fensteröffnungen eingefügt oder ältere Strukturen überbaut wurden. Dennoch dürfte der untere Bereich der Nordmauer in großen Teilen original aus dem 14. Jahrhundert stammen.

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Nordansicht mit Brücke aus dem 19. Jahrhundert

Hauptburg Angern Nordseite

Nordseite der Hauptburg Angern heute

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die (Nord-)Westseite der Hauptburg von Angern ein hochkomplexes Zugangssystem darstellte, das Verteidigungs-, Kontroll- und Funktionsaspekte auf engstem Raum kombinierte. Ihre bauliche Ausprägung steht exemplarisch für den hochmittelalterlichen Wasserburgenbau in der Altmark, bei dem Zugangsregelung und strukturelle Sicherung im Vordergrund standen. Die Kombination aus Brücke, Toranlage, Pforthaus und innerer Wehrstruktur bildet ein integrales Element der Gesamtanlage, dessen Erforschung wichtige Erkenntnisse zur Alltags- und Verteidigungsarchitektur dieser Zeit liefern kann.

Zusammenfassung

Die West-, Süd- und Nordseite der Hauptburg Angern repräsentieren ein differenziertes, funktional durchdachtes Verteidigungskonzept hochmittelalterlicher Wasserburgen. Während die Westseite primär der passiven Grenzsicherung zum offenen Vorburgareal diente, bildete die Südseite eine kontrollierte Verbindung zur separaten Turminsel mit dem Wehrturm – einer autarken Rückzugseinheit im Belagerungsfall. Die (West-)Nordseite fungierte als Hauptzugang der Anlage und war durch eine Zugbrücke und ein vorgelagertes Pforthaus besonders stark befestigt. Dieses Zusammenspiel aus Zugriffskontrolle, innerer Verbindung und äußerer Sicherung entspricht den strategischen Anforderungen des Wehrbaus in der Altmark im 14. Jahrhundert und verdeutlicht die gelungene topographische Anpassung der Burg an ihre Insellage im Wassergraben.

Quellen

  • Bergner, Heinrich. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Wolmirstedt. Halle an der Saale: Kommissionsverlag von Otto Hendel, 1911.
  • Busse, Peter. Burgen in Sachsen-Anhalt: Eine historische Einführung. Halle (Saale): Landesheimatbund Sachsen-Anhalt, 2002.
  • Danneil, Johann Friedrich. Das Geschlecht der von der Schulenburg. Bd. 1. Salzwedel: Verlag von Julius Sittenfeld, 1847.
  • Dehio, Georg. Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler: Sachsen-Anhalt I. Der Bezirk Magdeburg. Bearb. von Ute Bednarz u. a. München/Berlin: Deutscher Kunstverlag, 1990.
Im 14. Jahrhundert war die Altmark Schauplatz konkurrierender Herrschaftsansprüche. Die Markgrafen von Brandenburg, das Erzbistum Magdeburg sowie einflussreiche Adelsfamilien wie die von Alvensleben und von Grieben rangen um Besitzrechte, Lehnsbindungen und lokale Machtstellungen. In diesem territorial instabilen Raum stellte die Gründung der Burg Angern eine gezielte Maßnahme der Erzdiözese Magdeburg dar, um ihren Einfluss militärisch abzusichern und administrativ zu konsolidieren. Die Errichtung einer Wasserburg mit deutlich ausgeprägter Wehr- und Wohnfunktion manifestierte die landesherrliche Präsenz vor Ort und fungierte zugleich als sichtbares Machtsymbol gegenüber konkurrierenden Adelsinteressen. Hauptburg Angern Palas, Ringmauer und Wehrgang um 1350
Die Besitzgeschichte der Burg Angern lässt sich ab dem 14. Jahrhundert anhand von Lehnbriefen, Pfandverträgen und erzbischöflichen Urkunden nachvollziehen. Die frühe Geschichte ist dabei durch häufige Besitzerwechsel und konkurrierende Lehnsverhältnisse geprägt, was auf die strategische Bedeutung der Anlage und den politischen Druck auf das Erzstift Magdeburg hinweist. Erstmals wird die Burg im Jahr 1343 als Besitz eines Gerlof von Brunhorcz erwähnt. Im Jahr 1363 erscheint Lüdecke von Grieben als Lehnsträger. Er war kein Angehöriger der hochadeligen Familie von Grieben, sondern ein Vasall, der deren Namen übernommen hatte – ein im Mittelalter verbreitetes Phänomen, um familiäre Zugehörigkeit oder Schutzverhältnisse zu demonstrieren. 1370 sind Lüdecke von Grieben und zwei Söhne des Ritters Jakob von Eichendorf gemeinsam mit Angern belehnt.
Dieser Rundgang durch die Burg Angern um das Jahr 1350 basiert auf einer sorgfältigen Rekonstruktion historischer Quellen, archäologischer Befunde und baugeschichtlicher Analysen. Alle Szenen, Räume und Details wurden unter Berücksichtigung realer Gegebenheiten der mittelalterlichen Anlage entwickelt – etwa der erhaltenen Tonnengewölbe, der typischen Bauweise von Palas, Bergfried und Wirtschaftsflügeln sowie Hinweise aus Inventaren und schriftlichen Überlieferungen. Ziel ist es, nicht nur die äußere Gestalt, sondern auch die Atmosphäre und Lebenswelt einer spätmittelalterlichen Burg erlebbar zu machen – so nah wie möglich an der historischen Realität, doch mit erzählerischer Tiefe. Die Bilder zeigen fotorealistische Rekonstruktionen der Burg Angern um 1350. Sie basieren auf archäologischen Befunden, historischen Quellen und vergleichbarer Bausubstanz – realitätsnah umgesetzt mit moderner KI-Technik.
Die Burg Angern im Kontext des hochmittelalterlichen Burgenbaus der Altmark. Die Burg Angern zählt zu den wenigen noch heute strukturell klar erfassbaren Beispielen hochmittelalterlicher Wasserburgen im nördlichen Sachsen-Anhalt. Errichtet vermutlich um 1340 unter dem Einfluss des Magdeburger Erzstifts, bewahrt die Anlage eine außergewöhnlich gut erhaltene Grundstruktur, die sich in drei funktional klar getrennte Inselbereiche gliedert: die östlich gelegene Hauptburg mit Palas, die südlich vorgelagerte Turminsel mit Bergfried sowie die westlich anschließende Vorburg mit nachgewiesener wirtschaftlicher Nutzung. Diese gezielte räumliche Differenzierung zwischen Repräsentation und Verwaltung (Palas) , Verteidigung (Bergfried) und Versorgung (Vorburg) veranschaulicht in exemplarischer Weise die Prinzipien rationalisierten Burgenbaus im 14. Jahrhundert. Angern steht damit paradigmatisch für einen Funktionswandel im Burgenwesen der Altmark, bei dem wirtschaftlich und wehrtechnisch optimierte Lösungen in der Flachlandtopografie umgesetzt wurden. Die Kombination aus wassertechnisch ausgeformter Insellage, kontrollierter Brückenerschließung und baulicher Funktionsgliederung macht die Anlage zu einem herausragenden Zeugnis hochmittelalterlicher Herrschaftsarchitektur im mitteldeutschen Tiefland. Ostansicht des Palas mit dem Wehrturm (KI Rekonstruktion)
Die Burg Angern um 1350: Architektur und Aufbau einer mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark. Die Burg Angern, errichtet um 1341 unter Erzbischof Otto von Magdeburg, stellt ein herausragendes Beispiel für den Typus der mittelalterlichen Wasserburg in der Altmark dar. Inmitten eines künstlich angelegten Wassergrabens erhoben sich die Hauptburg auf einer nördlichen Insel sowie der Bergfried auf einer südlichen Nebeninsel. Die hier dargestellte Rekonstruktion basiert auf archäologischen Restbefunden, historischen Quellen (Rep. H Angern Nr. 79; Dorfchronik Angern) und Vergleichen mit zeitgenössischen Anlagen wie Kalbe (Milde), Beetzendorf und Salzwedel.
Die Burg Angern als exemplarische hochmittelalterliche Wasserburg in Norddeutschland. Die Burg Angern zählt zu den wenigen in der norddeutschen Tiefebene erhaltenen Wasserburgen des Hochmittelalters, deren archäologische und archivalische Überlieferungslage gleichermaßen als außergewöhnlich günstig zu bewerten ist. Die um 1340 errichtete Anlage vereint in exemplarischer Weise militärische, ökonomische und administrative Funktionen innerhalb eines klar strukturierten und funktional differenzierten Burgsystems. Ihre topografische Disposition – bestehend aus zwei künstlich aufgeschütteten Inseln, vollständig umgeben von einem mehrfach gegliederten Grabensystem – dokumentiert eindrucksvoll die strategischen und ingenieurtechnischen Prinzipien des Burgenbaus im mittleren 14. Jahrhundert. Burganlage in Angern mit Vorburg, Hauptburg mit Wehrgängen (orange) und Brücken sowie der Turminsel
Die Vorburg der Burg Angern: Funktionsanalyse und historische Rekonstruktion unter der Annahme mittelalterlicher Vorgängermauern (ca. 1350). Die Vorburg der Burg Angern, wie sie auf einem barockzeitlichen Plan um 1760 dargestellt ist, weist eine markante rechteckige Struktur mit drei langgestreckten Wirtschaftsgebäuden und zwei freistehenden Bauten auf. Auf Grundlage architektonischer Analyse, funktionaler Einteilung sowie typologischer Vergleiche mit anderen mitteleuropäischen Burganlagen lässt sich begründet rekonstruieren, dass die barocken Gebäude auf der Struktur und dem Grundriss einer hochmittelalterlichen Vorburg basieren. Die folgenden Ausführungen widmen sich der Rekonstruktion dieser früheren Vorburg unter der Annahme eines Baubestandes aus der Zeit um 1350. Innenhof der Vorburg Angern mit Wirtschaftsgebäuden (KI-Rekonstruktion)
Die strategische Lage Angerns im Dreißigjährigen Krieg. Angern war zu Beginn des 17. Jahrhunderts Sitz eines ausgedehnten Lehngutes der Familie von der Schulenburg, gelegen an der Grenze zwischen dem Kurfürstentum Brandenburg und den geistlichen Territorien Halberstadt und Magdeburg. Die Burg war Teil eines befestigten Ensembles aus Hauptburg, Vorburg und Turminsel. Ihre Lage machte sie im Kontext konfessioneller Konflikte und durchziehender Heere zu einem militärisch sensiblen Ziel.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.