Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Henning Christoph von der Schulenburg (*1648 oder 1649 auf Angern, †27.12.1683 in Staßfurt) war ein kurbrandenburgischer Hauptmann. Als der älteste Sohn von Heinrich XI. von der Schulenburg (geb. 1621, gest. 1691) und Ilse Floria von der Knesebeck (geb. 1629, gest. 1712) erbte er nach dessen Tod die Güter Angern und Falkenberg.

Politik und Gesellschaft

Henning Christoph von der Schulenburg lebte in einer Zeit tiefgreifender Umbrüche. Nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) stand  Brandenburg‑Preußen vor der Herausforderung, seine zerstörten Landstriche zu rekonstruieren und die staatlichen Strukturen zu modernisieren. Unter der Führung des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (reg. 1640–1688) begann eine Phase intensiver Reformen. Ein zentrales Element war der Aufbau eines stehenden Heeres, das nicht nur der Verteidigung diente, sondern auch als Instrument zur Durchsetzung der kurfürstlichen Autorität gegenüber den Landständen fungierte. Parallel dazu wurden zentrale Verwaltungsbehörden geschaffen, wie das Generalkriegskommissariat und die Geheime Hofkammer, die die Steuererhebung und die Verwaltung der Domänen effizienter gestalteten.

Ein weiterer Meilenstein war das Edikt von Potsdam im Jahr 1685, durch das über 20.000 Hugenotten aus Frankreich nach Brandenburg-Preußen einwanderten. Diese Flüchtlinge, zumeist Handwerker und Kaufleute, trugen erheblich zur wirtschaftlichen Belebung und zur Einführung neuer Technologien bei. 

Militärische Laufbahn

Henning Christoph von der Schulenburg, als kurbrandenburgischer Hauptmann und Mitglied des Adels, war direkt in diese Transformationsprozesse eingebunden. Seine Rolle umfasste nicht nur militärische Aufgaben, sondern auch die Verwaltung und Stabilisierung der Familiengüter in Angern und Falkenberg. In einer Zeit, in der der Adel zunehmend in die zentralisierten Strukturen des entstehenden preußischen Staates integriert wurde, repräsentierte Schulenburg den Typus des loyalen Landadligen, der die Modernisierung des Staates aktiv mitgestaltete.

Diese Entwicklungen legten den Grundstein für den späteren preußischen Absolutismus, in dem traditionelle feudale Strukturen durch zentralisierte und bürokratisch organisierte Institutionen ersetzt wurden. Henning Christophs Lebensweg spiegelt somit die Übergangsphase von der ständisch geprägten Gesellschaft zur modernen Staatsorganisation wider.

Ehe und Nachkommen

Im Jahr 1676 heiratete Henning Christoph Maria Dorothea von Legat. Aus dieser Ehe gingen zwei bedeutende Söhne hervor:

  • Heinrich Hartwig I. von der Schulenburg (*23.09.1677 auf Angern oder Staßfurt, †17.06.1734 auf Angern): Verheiratet mit Katharine Sophie von Tresckow, hatte er mehrere Nachkommen, die die Linie fortführten.
  • Christoph Daniel I. von der Schulenburg (*11.02.1679, †22.11.1763). Christoph Daniel trat in den Savoyischen Militärdienst ein und wurde später General der Infanterie. Er war ein bedeutender Militärführer, der den Einfluss der Familie durch seine militärischen Verdienste erheblich erweiterte, blieb jedoch kinderlos und bestimmte den Sohn seines Bruders als Nachfolger.

Auch sein Bruder, Joachim Ludolf von der Schulenburg (*28.12.1664 auf Angern, †09.12.1740), spielte eine wichtige Rolle in der Verwaltung und im militärischen Gefüge des kurbrandenburgischen Herrschaftsbereichs. 

Weitere Quellen

Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.