Wasserschloss Angern
Das Wasserschloss Angern wurde 1736 im Auftrag von Christoph Daniel v.d. Schulenburg von Friedrich August Fiedler im Rokoko-Stil erbaut und 1843 klassizistisch umformt. Die Ursprünge des Schlosses reichen bis ins Jahr 1341 zurück, als an dieser Stelle eine Wasserburg errichtet wurde.

Funktion, Bauweise und Erhaltungszustand des Pforthäuschens. Das sogenannte Pforthäuschen der Burg Angern nimmt innerhalb der architektonischen Gesamtstruktur sowie der historischen Überlieferung der Anlage eine besondere Stellung ein. Als Schnittstelle zwischen der festländischen Vorburg und der wasserumwehrten Hauptburginsel war es nicht nur ein bauliches Bindeglied, sondern auch ein funktionales Kontrollzentrum und ein symbolischer Ort der Herrschaftsordnung. Der Begriff „Pforthäuschen“ bezeichnet in der mittelalterlichen Burgenkunde typologisch einen kleineren Torbau, der im Gegensatz zu repräsentativen Haupttoren mit Zwingeranlage eher als seitlicher oder vorgelagerter Wach- und Kontrollpunkt konzipiert war.

In Angern befand sich das Pforthäuschen am äußeren Ende der hölzernen Zugangsbrücke, vermutlich auf der Seite der Vorburg, unmittelbar vor dem Eintritt in den Bereich der Hauptburginsel. Es diente der Kontrolle des Zugangs über den breiten Wassergraben und fungierte somit als erste Schwelle zwischen dem öffentlichen Vorfeld und dem geschützten Inneren der Anlage.

Ein zentraler Hinweis auf seine bauliche Beständigkeit und funktionale Bedeutung stammt aus der dem Gutsarchiv Angern und der Dorfchronik von Angern, in der der Zustand der Burg nach ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg im Jahr 1631 beschrieben wird:

„Außer dem mangelhaften Brauhause ohne den geringsten Inhalt und einem Dach- und Fachlosen Viehstall nur noch das Pforthäuschen stand.“ (Dorfchronik Angern, Gutsarchiv, um 1650)

Diese Passage belegt, dass das Pforthäuschen – im Gegensatz zu den übrigen, wohl hölzernen Vorburgbauten – den Angriff im 30-jährigen Krieg überstand. Dies deutet auf eine massive Bauweise aus Feldstein, möglicherweise mit Tonnengewölbe, und auf eine geschützte Lage innerhalb des Zugangsbereichs hin. Damit stellt es das einzige bauliche Bindeglied zwischen Vorburg und Hauptinsel dar und bildet ein wichtiges Indiz für die funktionale Gliederung der Gesamtanlage.

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KI generierte Rekonstruktion des Pforthäuschens auf Seite der Vorburg mit Brücke zur Hauptburg

Funktional übernahm das Pforthäuschen eine Vielzahl an Aufgaben: Es war Ort der Überwachung des Personen- und Warenverkehrs, diente der Begrüßung von Besuchern, der Übermittlung von Nachrichten, dem Empfang von Boten sowie der Einweisung von Lieferanten. Vergleichbare Bauten mit ähnlicher Funktion finden sich etwa in den Klosteranlagen von Loccum und Corvey, wo Pforthäuser eine kombinierte Wach-, Empfangs- und Kontrollfunktion erfüllten. In Adelsburgen wie Ziesar, Kalbe (Milde) oder Lenzen befinden sich einfache Torhäuser regelmäßig in der Achse der Zugangsbrücke, unmittelbar vor dem Zugang zur Insel- oder Kernburg.

Ob das Pforthäuschen in Angern dauerhaft bewohnt war, lässt sich anhand der Quellenlage nicht belegen. Möglich ist eine kleine Wachstube oder Oberkammer über dem tonnengewölbten Durchgang, wie sie in vergleichbaren Anlagen ebenfalls nachgewiesen ist. Der rückwärtige Ausgang des Pforthäuschens öffnete sich vermutlich direkt zum zentralen Wirtschaftshof der Hauptburg, was eine klare Sichtbeziehung zu den Hauptgebäuden – etwa dem Wohnhaus, dem Bergfried auf der Turminsel, der Küche oder den Speichern – ermöglichte. Diese funktionale Raumfolge ist typisch für Burganlagen der Zeit und zeigt sich auch in Beetzendorf.

Insgesamt war das Pforthäuschen nicht als isolierter Bau, sondern architektonisch und funktional eingebunden in die Gesamtstruktur der Burg: als kontrollierende Schwelle zwischen dem offenen Vorburgbereich und dem geschützten inneren Kernbereich der Hauptinsel. Der Zugang dürfte über einen leicht abschüssigen, gepflasterten Hofbereich erfolgt sein, der auf die Holzbrücke überleitete.

Die erhaltene Bezeichnung und die Erwähnung in der Chronistik machen das Pforthäuschen zu einem der bedeutendsten architektonischen Einzelelemente in der Rekonstruktion der mittelalterlichen Burg Angern. Seine Sonderstellung ergibt sich aus der strategischen Lage, der robusten Bauweise sowie der symbolischen Funktion als Grenzraum zwischen Öffentlichkeit und Herrschaft – und damit als architektonischer Ausdruck von Ordnung, Sicherheit und sozialer Hierarchie im spätmittelalterlichen Burgwesen.

Quellen

  • Dorfchronik Angern,
  • Handschrift um 1650, Gutsarchiv Angern
  • Ziesemer, Ernst: Die mittelalterlichen Burgen der Altmark. Magdeburg 1994
  • Boockmann, Hartmut: Die Burgen im deutschen Sprachraum. München 2002
  • Pätzold, Steffen: Pforten und Torhäuser im Mittelalter, in: Burgen und Schlösser 1/2017, S. 5–19
Die Nutzung des ab 1738 neu errichteten Herrenhauses in Angern unter General Christoph Daniel von der Schulenburg lässt sich im Kontext des mitteldeutschen Landadels als exemplarisch für den funktionalen und repräsentativen Anspruch barocker Gutshausarchitektur einordnen. Analog zu anderen Adelsresidenzen dieser Zeit gliederte sich das Nutzungsschema in Wohnfunktion , administrative Nutzung , Repräsentation , Sammlungstätigkeit und symbolisch-dynastische Verankerung . Der Rundgang durch das Schloss Angern um 1750 zeigt eindrücklich, wie dieses Haus weit über seine unmittelbaren Wohn- und Verwaltungsfunktionen hinaus als architektonischer Ausdruck adeliger Identität diente. Die Räume fungierten als Träger von Macht, Bildung, Status und genealogischer Erinnerung – sorgfältig gegliedert in öffentliches Auftreten, persönliche Rückzugsräume und repräsentative Ordnung. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1750
Das Wasserschloss Angern ist historisch gesehen eher ein Herrenhaus . Es wurde 1341 als Wasserburg auf zwei künstlichen Inseln mit einem siebenstöckigen Turm errichtet. 1631 wurde die Burg im Dreißigjährigen Krieg von kaiserlichen Truppen besetzt, durch die Schweden angegriffen und beim anschließenden Dorfbrand weitgehend zerstört. Die erhaltenen Tonnengewölbe, der Keller des Bergfrieds und Außenmauern der Hauptburg zeigen noch heute die Dimensionen der mittelalterlichen Anlage. Im Jahr 1650 fand in der ruinösen Burganlage eine Kirchenvisitation statt, bewohnt war zu dieser Zeit nur noch ein Teil.
Die bauliche Umgestaltung des Herrenhauses in Angern in den Jahren um 1843 markiert einen tiefgreifenden Wandel in der Nutzung und Raumordnung des Hauses. Unter den Nachfahren des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg wurde das barocke Erscheinungsbild durch klassizistische Elemente überformt, die sich sowohl in der Fassadengestaltung als auch in der Raumgliederung widerspiegeln.Es dominierte eine hell verputzte Fassade und eine vereinfachte Tür- und Fensterrahmung. Diese Elemente spiegeln die Orientierung am Ideal der "edlen Einfachheit" wider, wie sie seit Winckelmann als Leitbild klassizistischer Baukunst galt. Dieser Umbau ist im Kontext der Adelsgeschichte des 19. Jahrhunderts als Ausdruck einer funktionalen Anpassung und bürgerlich geprägten Repräsentationskultur zu verstehen. Der Raum links neben dem Gartensaal um 1850
In jedem Jahrhundert erlebt die Familie von der Schulenburg und das Haus in Angern bedeutende Veränderungen, doch sie lassen sich nie entmutigen – immer wieder gelingt ein entschlossener Neuanfang gemäß dem Leitsatz "Halte fest was Dir vertraut". Bis 11. Jahrhundert , 12. Jahrhundert , 13. Jahrhundert , 14. Jahrhundert , 15. Jahrhundert , 16. Jahrhundert , 17. Jahrhundert , 18. Jahrhundert , 19. Jahrhundert , 20. Jahrhundert , 21. Jahrhundert .
Vom höfischen Tableau zur rationalisierten Wohnwelt: Die Wohn- und Funktionsräume des Schlosses Angern spiegeln in exemplarischer Weise den sozialen und kulturellen Wandel des Adels im langen 18. Jahrhundert wider. Zwischen dem Rokoko-inspirierten Repräsentationskonzept unter General Christoph Daniel von der Schulenburg (†1763), der verwaltungstechnisch durchrationalisierten Ordnung unter Friedrich Christoph Daniel (†1821) und dem klassizistischen Umbau unter Edo von der Schulenburg (ab 1841) lassen sich klare strukturelle und ästhetische Entwicklungslinien feststellen. Die verfügbaren Inventare von 1752 (Rep. H 76) und 1821 (Rep. H 79) sowie die bau- und kulturgeschichtliche Beschreibung um 1845 erlauben eine vergleichende Analyse der sich wandelnden Raumfunktionen.
Nach der Zerstörung der Burganlage von Angern im Dreißigjährigen Krieg – dokumentiert etwa 1631 durch den Einfall der Truppen Tillys – blieben nur Teile des Kellers der Vorburg und das Turmgewölbe sowie möglicherweise auch das Tonnengewölbe daneben erhalten. Aus diesen Resten entstand ab etwa 1650 ein schlichter Neubau, der baulich und funktional zwischen ruinöser Burg und barockem Schloss vermittelt. Die neue Wohnanlage umfasste drei Hauptbestandteile: das zweigeschossige Haupthaus, ein einstöckiges Nebengebäude und den dazwischenstehenden Rest des Turms. Letzterer war als solcher zwar funktionslos geworden, aber architektonisch in das Ensemble eingebunden und beherbergte immerhin noch ein bewohnbares Zimmer.
Angern

Angern, Sachsen-Anhalt, Landkreis Börde. Heft 20, Berlin 2023 (ISBN: 978-3-910447-06-6).
Alexander Graf von der Schulenburg, Klaus-Henning von Krosigk, Sibylle Badstübner-Gröger.
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft e.V.
Umfang: 36 Seiten, 59 Abbildungen.