Am 4. Januar 1946 verließ Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg gemeinsam mit seiner Familie das Schloss Angern – nach 498 Jahren ununterbrochener Familientradition an diesem Ort. Der Abschied war nicht Flucht im herkömmlichen Sinne, sondern eine Zwangsausweisung durch die sowjetische Besatzungsmacht, formell eingeleitet durch eine schriftliche Verfügung vom 29. Dezember 1945 im Rahmen der kommunistisch gesteuerten Bodenreform.
Das Gutsarchiv Angern zählt zu den bedeutendsten Adelsarchiven der Altmark. Seine Überlieferung reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück und dokumentiert in großer Kontinuität die Besitz-, Familien- und Verwaltungsgeschichte des Hauses von der Schulenburg. Besonders aufschlussreich sind die umfangreichen Serien ab dem 17. Jahrhundert, etwa zu Wiederaufbau und Neubau der Anlage nach 1631, zur Erbfolge, Güterverwaltung und Korrespondenz im In- und Ausland. Die Akten bieten damit eine fundierte Grundlage für die Rekonstruktion der politischen, wirtschaftlichen und baulichen Entwicklung des Ritterguts Angern bis ins 19. Jahrhundert.
Christoph Daniel von der Schulenburg (1679–1763) war die zentrale Gestalt des Wiederaufbaus und der Neuordnung des Ritterguts Angern im 18. Jahrhundert. Nach seiner Karriere im Dienst des Königs von Sardinien kehrte er mit beträchtlichen Mitteln zurück und kaufte 1735 die durch Insolvenz verlorenen Anteile seines Bruders zurück. Er vereinigte das Gut erstmals vollständig, ließ das Schloss neu errichten, stiftete 600 Reichstaler für den Wiederaufbau der Kirche und begründete 1762 das Fideikommiss Angern. Sein Wirken markiert den Übergang vom kriegszerstörten Gut zum barocken Herrensitz.
Christoph Daniel baute eine bedeutende Waffensammlung auf, die sich durch ihren historischen und repräsentativen Charakter auszeichnete und bis heute als Ausdruck seines militärischen Standesbewusstseins und seines kunstsinnigen Sammelinteresses gilt.
Die Bibliothek des preußischen Generalfeldmarschalls Christoph Daniel von der Schulenburg im Schloss Angern war ein strategisch kuratierter Bildungskanon, der militärisches Wissen, politische Theorie und moralphilosophische Reflexion zum intellektuellen Fundament adeliger Selbstvergewisserung im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus verband.
Das Garderobeninventar des Generals Christoph Daniel von der Schulenburg von 1752 ist ein einzigartiges Zeugnis barocker Besitz- und Ordnungskultur im mitteldeutschen Adel, das durch seine außergewöhnliche Detailliertheit nicht nur die materielle Lebenswelt eines hochrangigen Offiziers dokumentiert, sondern zugleich den Übergang von höfischer Repräsentation zu aufgeklärter Rationalität sichtbar macht und vielfältige Einblicke in die sozialen, kulturellen und funktionalen Strukturen adeliger Lebensführung bietet.
Das Tagebuch von Friedrich Wilhelm Christoph Daniel von der Schulenburg bietet einen einzigartigen, unmittelbar aufgezeichneten Einblick in den Alltag, die Truppenbewegungen und die persönlichen Erfahrungen eines preußischen Offiziers im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.
Das Tagebuch von Sigurd Wilhelm Christoph Daniel Graf von der Schulenburg aus dem Jahr 1945 dokumentiert mit persönlicher Eindringlichkeit den Zusammenbruch der alten Ordnung, das Kriegsende in Angern und den Beginn eines Lebens im sowjetischen Exil.